Sicherheit für alle hat Vorrang
Hattingen/Ruhr. Wenn Abfallfahrzeuge
rückwärtsfahren, sind Passanten und Müllwerker in Gefahr. Um Unfälle und
gefährliche Situationen zu vermeiden, dürfen Müllwagen auch in Hattingen
aufgrund einer entsprechenden Verordnung nur noch ausnahmsweise rückwärtsfahren.
Die Stadt Hattingen richtet daher sukzessive an einigen Stellen, an denen
andere Maßnahmen zur Minimierung des Risikos beim Rückwärtsfahren nicht
umgesetzt werden können oder nicht ausreichend sind, Sammelstellen für den Müll
ein. Der Abfall wird dort nicht mehr direkt vor der Tür abgeholt. Begonnen wird
ab 3. Mai 2024 im Bezirk 1 in Niederwenigern. Graue, braune, blaue Tonnen und
gelbe Säcke müssen dann am Abfuhrtag an der vorgegebenen Stelle stehen. Alle
Bürgerinnen und Bürger, die betroffen sind, wurden bereits informiert. Notwendig wurde die Maßnahme aufgrund einer bindenden
Branchenregel. Aufgrund von Unfällen, die zum Teil tödlich endeten, gelten seit
2016 deutschlandweit strenge Regeln.
Die Stadt hat daher
eine Fachfirma, die Infa GmbH, mit einer umfangreichen Untersuchung beauftragt,
alle Straßen ins Visier zu nehmen, in denen rückwärts gefahren wird - insgesamt
250. Das Büro hat verschiedene Vorschläge erarbeitet und priorisiert, um
Risiken zu vermeiden. Das heißt: Es wird die zuoberst priorisierte Maßnahme
angewandt und nur dann, wenn diese nicht zielführend ist, kommt die Nächste zum
Zuge. Dort wo zum Beispiel Maßnahmen, wie Grünrückschnitt, Parkverbote,
Durchfahrtsverbote oder das Versetzen von Schildern, nicht ausreichend ist, um
die Gefahr zu bannen, kommen Müllsammelstellen zum Einsatz.
„Das
bedeutet konkret: Erst nachdem alle anderen Stufen geprüft und angewendet
wurden und es keine weiteren Alternativen gab, müssten Sammelstellen
eingerichtet werden“, erklärt Lukas Rudelbach, Leiter des Fachbereiches
Stadtbetriebe. „Wir wissen, dass die Neuerung für die Bürger eine Belastung ist
und haben dazu auch viele teils sehr emotionale aber auch konstruktive
Gespräche mit den Betroffenen geführt. Die Bedenken nehmen wir natürlich sehr
ernst. Dort wo es möglich war, haben wir Anregungen der Bürgerinnen und Bürger
bereits umgesetzt und sind offen für Vorschläge“, so Lukas Rudelbach. „Viele
Menschen haben Verständnis für die Umstellung gezeigt und angekündigt, dass sie
sich selbstverständlich als Nachbarn auch gegenseitig unterstützen und sind
zuversichtlich, dass sich die neue Situation mit der Zeit einspielt.“
Insgesamt
sind zirka 130 Straßenabschnitte im gesamten Stadtgebiet betroffen und können
künftig nicht mehr direkt angefahren werden. Zu diesem Ergebnis kommt das
Institut für Abfall, Abwasser und Infrastruktur-Management GmbH.
„Das Hauptproblem bei Rückwärtsfahrten ist,
dass Teile eines rückwärts zurückzulegenden Fahrweges von den Fahrern von
Abfallsammelfahrzeugen definitiv nicht vollständig eingesehen werden können.
Auch mit Spiegeln nicht. Für Einweiser ist es oft zu eng und sie können nicht
wie erforderlich in ständigem Blickkontakt mit dem Fahrer sein. Dadurch ergibt
sich ein mitunter hohes Risiko für andere Verkehrsteilnehmende und Mitarbeitende
und es kann zu schwersten Unfällen kommen. Dieses Risiko zu minimieren ist
lebenswichtig und nicht trivial“, so Lukas Rudelbach und erklärt weiter: „Jede
vermiedene Rückwärtsfahrt entlastet den Fahrer und senkt das absolute
Unfallrisiko für alle Verkehrsteilnehmenden.“
Sollten die Sammelstellen in Ausnahmefällen
nicht eingerichtet werden können, prüft die Stadtverwaltung ob eine der
nächsten Maßnahme aus dem Katalog der Fachingenieure greift, wie der Einsatz
eines kleineren, sogenannten Engstellenfahrzeuges. Noch besitzt die Stadt ein
solches Müllauto nicht, hat aber ein Modell zur Probe ausgeliehen und testet
potenzielle Einsatzmöglichkeiten. Die Stadt macht aber bereits jetzt schon
deutlich, dass damit nicht jede Engstelle anfahren werden könne, weil die
Kosten deutlich höher sind. Das Fahrzeug kann nur rund die Hälfte der Menge
eines gängigen Müllfahrzeuges transportieren. Das bedeutet, es müssen
wesentlich mehr Fahrten durchgeführt werden, um Bio- und Restmüll aus allen
Bezirken der Stadt zu transportieren. Problematisch
ist das insbesondere, weil der Weg zur Umladestation in Witten mit Hin- und
Rückfahrt rund eineinhalb Stunden dauert. Der Transport im kleinen Fahrzeug ist
mit einem erheblichen zeitlichen und finanziellen sowie personellem Aufwand und
Umweltbelastungen verbunden. Die Kosten dafür müssten mit den Müllgebühren von
allen Bürgerinnen und Bürgern getragen werden. Daher werde es nur in
Einzelfällen zum Einsatz kommen.